„Saufen und rauchen gelernt“

SPÖ verschärft Kampf gegen Wehrpflicht: Günther Kräuter ortet „sinnlosen“ Dienst.
Wien. Die SPÖ hat in der Wehrpflichtdebatte ihre liebe Not. Immer mehr prominente Genossen wollen nichts davon wissen, die Wehrpflicht aufzugeben und ein Berufs- bzw. Freiwilligenheer einzuführen. Dazu zählen Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky und die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (siehe Factbox). Burgstaller ist der Überzeugung, ein paar Monate Zivildienst oder Bundesheer tun „den jungen Männern sicher gut“.
Die Partei sieht sich vor diesem Hintergrund gefordert, die Auseinandersetzung um die Wehrpflicht zuzuspitzen: Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter tritt für einen Übergang zu einem Freiwilligenheer ein. Und zwar aus eigener Erfahrung, wie er im Gespräch mit den VN erläutert: „Nachdem ich acht sinnlose Monate im Präsenzdienst verbracht habe, weiß ich, dass das Bundesheer nicht das ist, was man jungen Leuten aufzwingen sollte.“ Nachsatz: „Ich habe dort nur saufen und rauchen gelernt. Beides habe ich mir später wieder abgewöhnt.“
Wehrpflicht auch für Frauen?
SPÖ-Vorarlberg-Chef Michael Ritsch unterstützt den Kurs der Bundespartei: „Berufsheer mit Freiwilligenmiliz ist die Variante, die mir gefällt. Gleichzeitig kann man einen freiwilligen Sozialdienst mit ordentlicher Bezahlung zum Zivildienst-Ersatz aufbauen. Es gibt viele Leute, die das machen würden.“
Auch Ritsch hat offenbar schlechte Erfahrungen mit der Wehrpflicht gemacht: „Ich habe eine Jagdkampfausbildung genossen und glaube nicht, etwas fürs Leben gelernt zu haben.“ Der Vorarlberger kontert die ÖVP-Linie, durch die Abschaffung der Wehrpflicht werde der Katastrophenschutz gefährdet: „Das ist Unsinn“, sagt er: „Der Katastrophenschutz wird zu 95 Prozent von den Feuerwehren wahrgenommen. Dafür brauche ich kein Bundesheer.“
Sollte es bei der Volksabstimmung am 20. Jänner eine Mehrheit für die Wehrpflicht geben, will Ritsch darüber reden, sie auch für Frauen gelten zu lassen: „Wenn man eine Verpflichtung will, müsste sie für beide Geschlechter gelten. Darüber müsste man diskutieren. Man redet immer von Gleichberechtigung und dann gibt es etwas, was nur für Männer gilt.“
Abstimmungsbuch zur Info
Trotz aller Emotionen tritt SPÖ-Geschäftsführer Kräuter letztlich für eine Versachlichung der Debatte ein: Nach eidgenössischem Vorbild solle vor der Volksbefragung allen Bürgern eine Broschüre in die Hand gedrückt werden, in der alle Argumente für und gegen die Wehrpflicht und ein Berufsheer aufgelistet sind. In der Schweiz nennt man das „Abstimmungsbuch“.




